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CEO David Reger über die Zukunft kognitiver Robotik in Europa

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Roboter, die nicht nur mechanisch agieren, sondern sehen, hören, fühlen, entscheiden und lernen – in Echtzeit. Was vor wenigen Jahren noch nach Science-Fiction klang, ist Realität. Und der weltweit erste dieser kognitiven Roboter kam nicht aus den gehypten Hightech-Nationen USA, China, Südkorea oder Japan, sondern aus Deutschland – genauer gesagt von der Schwäbischen Alb. Im Gespräch mit David Reger, Gründer und CEO von Neura Robotics, geht es um das Marktpotenzial humanoider Robotik, Chancen und Herausforderungen in der Branche sowie die strategische Rolle Europas.

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In „Star Wars“ spricht C-3PO sechs Millionen Sprachen fließend und ist R2-D2 ein technisches Multitalent – wie weit sind wir in der kognitiven Robotik heute wirklich von solchen Robotern entfernt? Und was ist heute bereits möglich?
 

David Reger: Unsere kognitiven Roboter werden bereits weltweit in der Industrie eingesetzt. Schneller, als wir heute denken, werden wir auch viele lästige Arbeiten im Haushalt an sie auslagern können. Roboter werden uns vor allem die Aufgaben abnehmen, die uns Menschen wenig Spaß machen – vom Ein- und Ausräumen der Spülmaschine über das Verstauen von Einkäufen im Kühlschrank bis hin zum Stapeln von Wasserkästen oder dem Erwärmen von Essen in der Mikrowelle. Technisch ist vieles schon heute möglich. Das Tempo der Umsetzung wird jedoch stark durch gesellschaftliche Akzeptanz und regulatorische Rahmenbedingungen bestimmt. In Bezug auf technische Möglichkeiten sind wir der Zukunft näher, als viele glauben.

 

Was sind die größten Herausforderungen in der humanoiden Robotik?
 

Eine der größten Herausforderungen liegt in der Verfügbarkeit qualifizierter Trainingsdaten. KI-basierte Roboter benötigen reale Erfahrungen, um zuverlässig und effizient zu arbeiten. Während große Sprach- und Basismodelle (LLMs, Foundational Models) auf riesige Datenmengen aus dem Internet zugreifen können, sind Daten aus der Interaktion physischer KI – also Robotern – mit realen Menschen und Objekten noch vergleichsweise rar. Das gilt für Industrieanwendungen ebenso wie für den Alltag. Deshalb setzt Neura Robotics auf ein breites internationales Partnernetzwerk und einen gemeinsamen Pool praxisnaher, realer Daten.

 

Ist diese enge Zusammenarbeit mit Partnern der entscheidende Unterschied zu anderen Robotikunternehmen?
 

Ja. Wir sind überzeugt, dass sich Robotik nur durch partnerschaftliche Zusammenarbeit zu einem Mainstream-Produkt entwickeln lässt. Wir laden die Branche ein, das Konkurrenzdenken aufzugeben und gemeinsam zu handeln. Niemand kann allein einen Roboter bauen, der alles kann – genauso wenig, wie Apple im Alleingang Millionen Apps hätte entwickeln können. Mit unserem Neuraverse schaffen wir ein offenes, lernendes Robotik-Ökosystem, das Roboter, Entwickler, Hersteller und Anwender miteinander verbindet. Roboter tauschen Erfahrungen aus und lernen voneinander; gleichzeitig erweitern Entwickler und Nutzer sie kontinuierlich um neue Fähigkeiten.

 

Um diese Philosophie umzusetzen, mussten wir auch auf Produktebene neue Wege gehen: Unsere kognitiven Roboter lernen, kommunizieren und übernehmen komplexe Aufgaben mithilfe von KI und hochintelligenten Sensoren. Wir verfolgen einen konsequenten „One-Device“-Ansatz – vergleichbar mit einem Smartphone mit Armen und Beinen, das alle zentralen Komponenten und Sensoren für physische künstliche Intelligenz in einem Gerät vereint.

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Wenn humanoide Roboter so weit verbreitet sind wie Smartphones, welche Folgen hat das für den Arbeitsmarkt?
 

Laut dem World Economic Forum werden Robotik und Künstliche Intelligenz bis 2030 weltweit über 92 Millionen Arbeitsplätze ersetzen – aber auch mehr als 170 Millionen neue schaffen, insbesondere in den Bereichen Technologie, Wartung und Service. Roboter sind kein Ersatz für den Menschen, sondern eine Ergänzung: Sie unterstützen uns im Alltag, in der Industrie und im Dienstleistungsbereich. Entscheidend ist, dass Technologie dem Menschen dient und Freiräume schafft – für Kreativität, Empathie und soziale Intelligenz. 

 

Eine erfolgreiche Integration ist für uns dann erreicht, wenn Robotik so selbstverständlich ist wie das Smartphone: Eine Technologie, die nicht durch ihre Komplexität, sondern durch ihren Nutzen überzeugt. Unser Ziel ist es, mit intelligenter Robotik zu einer menschlicheren Zukunft beizutragen.

 

Der Markt für kognitive Robotik hat enormes wirtschaftliches Potenzial. Wo steht Europa – insbesondere Deutschland und die Niederlande – im internationalen Wettbewerb um KI- und Robotik-Innovationen?
 

Europa hat eine starke Ausgangsposition – aber noch nicht das passende Mindset. Oft überwiegt Skepsis, wo Mut und Vision gefragt sind. Deutschland und die Niederlande verfügen über exzellentes technologisches Know-how, leistungsfähige Industriepartner, hochqualifizierte Fachkräfte und langjährige Erfahrung in präziser Hardware, Hightech-Maschinenbau und Automatisierung. Beide Länder bringen enorme Erfahrungswerte mit: die Niederlande in Landwirtschaft und Landgewinnung, Deutschland in der industriellen Produktion. Dieses Potenzial lässt sich durch Robotik international skalieren. Europas Stärke liegt in der Verbindung von hochentwickelter Hardware und intelligenter Software. Um weltweit vorn zu bleiben, brauchen wir jedoch mehr Geschwindigkeit, Investitionen und einen technologieoffenen Diskurs.

 

Und Kapital – China und die USA investieren aggressiv und mit staatlicher Unterstützung. Wie attraktiv ist Europa als Standort für Hightech-Unternehmen?
 

Neura Robotics hat 2024 die gesamte Produktion kognitiver Roboter von China nach Deutschland verlagert. Wer ein souveränes Europa will, muss auch bereit sein, dafür zu handeln. Diese Entscheidung ist ein klares Bekenntnis zum Qualitätsstandard „Made in Germany and Europe“, der weltweit geschätzt wird – insbesondere in Bereichen, in denen Präzision entscheidend ist. Wir glauben, dass internationale Innovationsführerschaft und regionale Verbundenheit sich nicht ausschließen – das hat die Automobilindustrie über Jahrzehnte bewiesen. Die kognitive Robotik wird in Zukunft eine ähnliche Bedeutung erlangen. Unser Produktionsansatz folgt dem Prinzip der Nähe zum Zielmarkt: kürzere Transportwege, geringere Umweltbelastung und höhere Effizienz. Produkte für Europa und die USA werden in Europa gefertigt, Varianten für asiatische Märkte vor Ort, um der lokalen Nachfrage gerecht zu werden.

 

Welche Märkte sind derzeit die wichtigsten?
 

Kognitive Robotik ist eine Schlüsseltechnologie mit gewaltigem globalem Potenzial. Einige Prognosen sprechen von einem Multi-Trillionen-Euro-Markt. Vergleicht man das Anwendungspotenzial von Robotern mit dem des Smartphones, erscheint das realistisch. Strategische Partnerschaften – etwa mit NVIDIA, Hyundai oder Delta Robotics – helfen uns, dieses Potenzial international zu erschließen. Unser Produktionsvolumen steigt stetig, um der wachsenden Nachfrage gerecht zu werden.

 

Welche strategische Rolle spielt der niederländische Markt?
 

Die Niederlande sind für Neura Robotics ein zentraler Markt. Das Land ist innovationsfreundlich, technologieoffen und verfügt über eine starke industrielle Basis – von Landwirtschaft und Logistik bis hin zu Hightech-Fertigung und Automatisierung. Es bietet ideale Voraussetzungen für den Einsatz kognitiver Robotik. Mit unserem Distributionspartner Robostaffer in Weesp sind wir zudem in der gesamten Benelux-Region präsent.

 

Was wünschen Sie sich von der Politik in Deutschland und den Niederlanden, um Innovationen besser zu fördern?
 

Gerade junge Unternehmen wie Neura Robotics zeigen Mut und investieren in neue Technologien. Die Politik muss diesen Innovationsgeist stärker unterstützen – durch bessere Rahmenbedingungen und den Ausbau der Infrastruktur. Ohne moderne Netze, Glasfaser und effiziente Verwaltungsstrukturen verpufft jeder Fortschritt. 5G/6G, Glasfaser, digitale Verwaltung – das ist keine Kür, sondern Pflicht, wenn Europa wieder an die Spitze will. Auch das Vertrauen in soziale Systeme wird nur durch echte Reformen zurückkehren.

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