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Der NATO-Gipfel in Den Haag: Deutschland und Niederlande auf dem Weg zur 5%-Quote

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Schon bevor der NATO-Gipfel begonnen hat, steht ein Ergebnis bereits fest: Mehr Geld, mehr Kooperation, mehr Sicherheit - das Treffen in Den Haag markiert eine Zeitenwende für Europa.

NATO-Gipfel Den Haag

Die ersten Regierungschefs sind bereits eingetroffen, der Rest wird spätestens heute Abend angereist sein: zum Dinner im Palais Huis ten Bosch, wenn König Willem-Alexander neben den Regierungsführern der NATO-Länder auch den ukrainischen Präsident Volodymyr Zelensky, die Staatsoberhäupter von Australien, Japan, Neu-Seeland und Südkorea als wichtige Partner im Indopazifik sowie EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und natürlich NATO-Generalsekretär Mark Rutte empfängt. 

 

Am Mittwochmorgen findet dann im World Forum in Den Haag der eigentliche NATO-Gipfel der 32 Mitgliedsstaaten statt – und wird voraussichtlich nur wenige Stunden dauern. Die abschließende Pressekonferenz von Rutte soll bereits um 14 Uhr sein. Rund um das offizielle Programm finden zahlreiche Veranstaltungen statt, darunter eine internationale Konferenz über den Ausbau der Verteidigungsindustrie.

Verteidigungsausgaben im Fokus

Wichtigstes Thema auf der Agenda wird die Erhöhung der Verteidigungsausgaben auf 5% des Bruttoinlandsprodukts (BIP) sein. US-Präsident Donald Trump, der mit seiner Delegation das Hotel „Huis ter Duin“ in Noordwijk aan Zee gemietet hat – und damit übrigens den Veranstaltungsort des NRW-NL Zukunftsforums, das die DNHK auch in diesem Jahr im November wieder mit der Brost-Stiftung organisiert – hatte eine Erhöhung der Beiträge bereits mehrfach gefordert und wird sein Ziel nun erreichen.

Rutte auf dem NATO Gipfel Den Haag
Pressekonferenz vor dem NATO/OTAN Gipfel durch den NATO-Generalsekretär Mark Rutte am 23. Juni 2025

In den Niederlanden wurde im März aufmerksam die im Deutschen Bundestag beschlossene Grundgesetzänderung verfolgt, die es möglich macht, dass Verteidigungsausgaben und Ausgaben für den Zivilschutz, die mehr als 1% des BIP betragen, nicht länger unter die Schuldenbremse fallen. Aufmerksam verfolgt wurde in den Niederlanden ebenfalls das beschlossene Sondervermögen in Höhe von 500 Milliarden Euro für die kommenden zwölf Jahre, das vor allem in die Modernisierung der Infrastruktur fließen soll – und damit ebenfalls zur Erhöhung der Verteidigungsfähigkeit dienen soll, indem marode Straßen und Brücken saniert werden. 

 

Im Jahr 2024 betrug der Anteil der Militärausgaben am BIP in Deutschland rund 1,89%. 2025 soll die Nato-Quote als Anteil der Verteidigungsausgaben an der Wirtschaftsleistung auf 2,4% steigen und bis 2029 auf 3,5%. Damit würde Deutschland das neue NATO-Ziel von 3,5% sechs Jahre früher als nötig erfüllen.

 

Pünktlich zum NATO-Gipfel legte Bundeskanzler Friedrich Merz auf dem Tag der Industrie des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) nach: In seiner Rede forderte er die Unternehmen auf, sich an der Verteidigung zu beteiligen. Konkret: Sie sollen es ihrem Personal ermöglichen, regelmäßig an Militärübungen teilzunehmen. Denn Geld sei nicht das entscheidende Problem, das die Bundeswehr habe, es sei das fehlende qualifizierte Personal, sagte Merz. Nötig sei eine Reserve und der Bundeskanzler brachte auch eine Rückkehr zur Wehrpflicht ins Spiel. Bei den Unternehmen stieß der Plan auf Zustimmung. „Unternehmerinnen und Unternehmer wollen Verantwortung für die Sicherheit unseres Landes übernehmen. Resilienz und Verteidigungsfähigkeit sind ein ureigenes Wirtschaftsinteresse", sagte BDI-Präsident Peter Leibinger.

Auch die Niederlande blieben 2024 wie Deutschland knapp unter der 2%-Quote. Und auch in den Niederlanden wurde in den vergangenen Wochen im Parlament über die Verteidigungsfähigkeit und den Verteidigungsetat diskutiert und einer Erhöhung des Etats zugestimmt. Demnach wollen auch die Niederlande in den nächsten Jahren die 3,5%-Quote erreichen und daneben weitere 1,5% des BIP Investitionen tätigen, die für die Verteidigungsfähigkeit relevant sind. Hierunter fallen Cybersecurity und die Sanierung der Infrastruktur. Erwähnenswert: 2024 war das erste Jahr seit Beginn der 1990er-Jahre, in dem die Niederlande die mit der NATO vereinbarte 2%-Quote fast erreichten.  

Neues Ranking des Zentralen Amts für Statistik

Das niederländische zentrale Amt für Statistik hat die Verteidigungsausgaben pro Kopf berechnet: Demnach liegen die Verteidigungsausgaben in den USA mit 2641 Euro pro Jahr und pro Einwohner am höchsten und in Albanien mit 173 Euro am niedrigsten. Die Niederlande liegen mit 1105 Euro auf dem siebten Platz, und damit einen Platz vor Deutschland mit 1081 Euro. Der NATO-Durchschnitt beträgt inklusive den USA 1394 Euro, ohne die USA bei 733 Euro. Das Ranking zeigt somit nochmals deutlich die finanzielle Dominanz der USA.

NATO-Verteidigungsausgaben pro Kopf im Jahr 2024

Kompatibilität der Systeme

Doch viele der Probleme der europäischen Verteidigungsfähigkeit lassen sich nicht nur mit Geld lösen. Dass das Thema Verteidigung einen Schub bekommt, die NATO-Länder besser zusammenarbeiten und nicht zuletzt umsatteln auf gemeinsame, miteinander kompatible Systeme, fordert auch der niederländische General Onno Eichelsheim, der vor einigen Wochen bei der Vorstandssitzung der Deutsch-Niederländischen Handelskammer Gastsprecher war. Er betonte beim Vorstandstreffen, dass die Kriegsfähigkeit von Europa allgemein und allen voran die Verteidigungsfähigkeit von den Niederlanden und Deutschland in den kommenden fünf Jahren deutlich verbessert werden müsse, um für einen Konflikt Russlands mit der NATO gerüstet zu sein.

Die fehlende Kompatibilität von Waffen innerhalb der NATO und Europa ist ein bekanntes und wiederkehrendes Thema. Im Zuge der aktuellen geopolitischen Entwicklungen und Kriege sowie dem Zweifel an der Bündnistreue des NATO-Partners USA unter Donald Trump gibt es aber erstmals Anzeichen, dieses Problem lösen zu wollen, zumindest innerhalb Europas. 

 

Gemeinsame Beschaffung, gemeinsame Kommunikations- und Waffensysteme, die miteinander kompatibel und austauschbar sind, und bei der Rüstungsproduktion die Stärken des jeweiligen Landes nutzen an Stelle eigene (wirtschaftliche) Interessen voranzustellen – nur so wird die Allianz, so  Eichelsheims zentrale Botschaft vor einigen Wochen, schneller einsatzfähig. Eine stärkere Zusammenarbeit innerhalb der EU und erst recht zwischen Deutschland und den Niederlanden ist demnach zwingend nötig –  und es gibt ja schon gute Beispiele. Darunter die Eingliederung der niederländischen Brigaden in die Bundeswehr – eine deutsch-niederländische militärische Zusammenarbeit, die als Vorbild für eine europäische Verteidigungsunion gilt. Keine anderen NATO-Staaten kooperieren so eng.

Polizei und Präsidentenautos
Ankunft der Delegationen in Den Haag

Weitere Themen beim NATO-Gipfel

Die Staats- und Regierungschefs der NATO sollen daneben über die Sicherheitslage in Europa und die militärische Unterstützung für die Ukraine beraten. Die aktuellen Kriege in Iran, Israel und Gaza sind nicht Teil der Tagesordnung, aber in den Korridoren und bilateralen Gesprächen kommen sie sicherlich zur Sprache.

Hohe Sicherheitsvorkehrungen

Rund 27 Tausend Polizisten sind im Einsatz, daneben zehntausend Militärangehörige. An einigen Standorten wurden Flugabwehrkanonen aufgestellt. Die Kosten belaufen sich auf 183 Millionen Euro – fast doppelt so viel wie veranschlagt.

 

Wichtige Autobahnen in der Randstad wie die A4, A44, N44 und A5 sowie wichtige Landstraßen rundum Den Haag, Wassenaar, Katwijk, Noordwijk und Leiden sind vollständig oder teilweise wegen der sicheren Anreise der Delegationen vom Flughafen Schiphol zum Tagungsort und zu den Hotels gesperrt. Büroangestellte wurden im Vorfeld aufgerufen, in der Woche des NATO-Gipfels im Homeoffice zu arbeiten und nicht nach Den Haag zu pendeln.

Text:  Janine Damm

Foto 1: Ministerium für auswärtige Angelegenheiten / Phil Nijhuis

https://www.flickr.com/photos/ministeriebz/54609017574/

 

Foto 2: Ministerium für auswärtige Angelegenheiten / Bart Maat

https://www.flickr.com/photos/ministeriebz/54608900774/

 

Foto 3: Ministerium für auswärtige Angelegenheiten / Phil Nijhuis

https://www.flickr.com/photos/ministeriebz/54608945289/

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