Am Mittwoch, den 29. Oktober, finden in den Niederlanden die Parlamentswahlen statt. Der Wahlkampf ist in vollem Gange. Wer punktet in den TV-Debatten, wer leistet sich einen Faux-pas? Es bleibt spannend und der Wahlausgang ist wegen der volatilen innenpolitischen Situation noch völlig offen. Die Wahlumfrage von EenVandaag liefert eine aktuelle Einschätzung, welche Parteien kurz vor der Wahl Rückenwind haben, und welche gegenüber den vergangenen Parlamentswahlen Federn lassen mussten.
Partij voor de Vrijheid (PVV)
Aktuelle Sitze: 37 | Prognose: 29–33 Sitze
Die PVV bleibt laut aktuellen Umfragen die größte Partei, obwohl die Unterstützung leicht zurückgegangen ist. Die Partei forcierte im Juni 2025 den Bruch der Regierungskoalition. Obwohl die anderen Parteien versuchen, Wilders als denjenigen darzustellen, der sich mit dem provozierten Fall der Regierung aus seiner Verantwortung gestohlen hat, scheint die PVV gute Aussichten zu haben, erneut die größte Partei zu werden. Die Beteiligung der PVV an der Regierungsbildung ist allerdings unsicher, da andere Parteien wie GroenLinks-PvdA, CDA und VVD eine Zusammenarbeit vorab kategorisch ausgeschlossen haben. Hauptpriorität der PVV ist ein vollständiger Asylstopp.
GroenLinks-Partij van de Arbeid (GroenLinks-PvdA)
Aktuelle Sitze: 25 | Prognose: 22–26 Sitze
Die größte Oppositionspartei im Parlament bleibt in den Umfragen stabil. GroenLinks und PvdA traten ursprünglich als separate Parteien an, bilden jedoch seit 2023 eine gemeinsame Fraktion und werden 2026 offiziell fusionieren. Unter der Führung des ehemaligen EU-Kommissars Frans Timmermans hofft die Partei, zur stärksten Kraft im Parlament aufzusteigen. Seine Popularität liegt jedoch unter der anderer Spitzenkandidaten. Angesichts der Wohnungsnot hat die Partei den Bau neuer Wohnungen zu einem ihrer zentralen Wahlthemen gemacht ebenso wie das Gesundheitswesen.
Christen-Democratisch Appèl (CDA)
Aktuelle Sitze: 5 | Prognose: 22–26 Sitze
Das christdemokratische CDA gehörte lange zu den mächtigsten Parteien der Niederlande, erlebte aber 2023 mit nur fünf Sitzen das schlechteste Wahlergebnis ihrer Geschichte. Parteichef Henri Bontenbal dürfte bei dieser Wahl ein Comeback feiern. Er ist relativ neu in der nationalen Politik, und Wähler schätzen seinen ruhigen, besonnenen Ton. Außerdem gelingt es ihm, sich als "Verbinder" zu inszenieren. Die Hauptthemen des CDA sind Ordnung und Sicherheit, eine starke Wirtschaft der Zukunft sowie eine engagierte und solidarische Gesellschaft.
Democraten 66 (D66)
Aktuelle Sitze: 9 | Prognose: 13–17 Sitze
Die sozial-liberale Partei D66 konnte in den letzten Jahren durch progressive Themen wie Bildung, Digitalisierung und Klima punkten. Unter der Führung von Rob Jetten hat die Partei in den Umfragen zugelegt. Besonders junge Wählerinnen und Wähler fühlen sich von den modernistischen Ansätzen der Partei angesprochen. D66 könnte als Königsmacher eine entscheidende Rolle bei der Bildung der nächsten Regierung spielen. Das Hauptthema der D66 ist Demokratie und Sicherheit.
Volkspartij voor Vrijheid en Democratie (VVD)
Aktuelle Sitze: 24 | Prognose: 12–16 Sitze
Die zweitgrößte Regierungspartei – und ehemalige Partei von Ministerpräsident Mark Rutte – hat bisher einen schwierigen Wahlkampf hinter sich. Die Parteivorsitzende Dilan Yeşilgöz war im letzten Sommer in einige Kontroversen verwickelt, was die Umfragewerte belastet hat und auch innerparteilich für Unfrieden sorgte. Die Partei hofft nun, trotz der schwierigen Umstände, ihr Kernwählerklientel zu mobilisieren. Analysten erwarten, dass die VVD Sitze verliert, aber weiterhin eine bedeutende Rolle im neuen Parlament spielen könnte. Das Hauptthema der VVD bei den niederländischen Parlamentswahlen 2025 ist die Stärkung und der Ausbau der Verteidigung, aber auch die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit.
Juiste Antwoord 21 (JA21)
Aktuelle Sitze: 1 | Prognose: 10–14 Sitze
JA21 verzeichnet vor den Parlamentswahlen einen Anstieg in den Umfragen, Wahlforscher vermuten hier Wählerstimmen von unzufriedenen VVD-, BBB- und PVV-Anhängern, die mit den bisherigen Koalitionsergebnissen nicht zufrieden sind. Aktuelle Erhebungen sehen die Partei bei etwa 10–14 Sitzen, deutlich mehr als den einen Sitz, den die Partei derzeit hält. Die Prioritäten von JA21 umfassen ein striktes Asylrecht, den Abbau von Bürokratie und die Stärkung der inneren Sicherheit.
BoerBurgerBeweging (BBB)
Aktuelle Sitze: 7 | Prognose: 3–5
Die BBB hat derzeit sieben Sitze im Parlament, für die Wahlen 2025 werden jedoch nur noch drei bis fünf Sitze prognostiziert. In der Ersten Kammer verfügt die Partei weiterhin über die meisten Sitze. Der Rückgang in den Umfragen könnte darauf zurückzuführen sein, dass einige Wähler sich bei regionalen Themen stärker zu anderen Parteien hingezogen fühlen und wieder zurück zu CDA wandern.
Nieuw-Sociaal Contract (NSC)
Aktuelle Sitze: 20 | Prognose: 0–1
NSC war 2023 eine neue Partei, die bei ihrem Debüt sofort 20 Sitze gewann, mit Schwerpunkten auf Good Governance und Existenzsicherung. Seitdem hat die drittstärkste Partei der Koalition jedoch schnell an Popularität verloren. Parteigründer und Vorsitzender Pieter Omtzigt zog sich nach einem Burnout aus der Nationalpolitik zurück. Zudem verließ die NSC aufgrund von Meinungsverschiedenheiten über Sanktionen gegen Israel die Regierung, wodurch im August die damals bereits gefallene Regierung ein weiteres Mal fiel. Ein historisch bislang noch nicht geschehenes Ereignis. Ob die Partei bei den kommenden Wahlen erneut den Einzug in das Parlament schafft, ist fraglich. Zudem sind viele NSC-Politiker zurück zu anderen Parteien gekehrt, allen voran zum CDA, oder seit dem Austritt des NSC aus der Regierung als parteilose Abgeordnete in der Kammer.
Wie das Ergebnis am 29. Oktober aussehen wird, ist ungewiss. Bei den letzten Wahlen 2023 gelang es der PVV in den letzten beiden Wochen vor der Wahl plötzlich viele Sitze zu gewinnen, und 2021 war es D66, die in letzter Phase einen deutlichen Aufschwung erzielte. Und nur 17 % der Befragten geben an, derzeit genau zu wissen, welche Partei sie wählen werden.
Text: Mike Veldt