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Ergebnisse der dritten Regierungskonsultationen

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Die Liste mit Themen für die dritten Regierungskonsultationen zwischen Nordrhein-Westfalen und den Niederlanden war lang und am Ende unterzeichneten NL-Premier Dick Schoof und NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst eine gemeinsame Erklärung. Was wurde vereinbart und welche Punkte sind für die Unternehmen in beiden Ländern besonders interessant?

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Die erste gemeinsame Auslandsreise des niederländischen Kabinetts unter Ministerpräsident Dick Schoof führte nach Nordrhein-Westfalen – ein starkes Signal, aber keineswegs eine Überraschung. Denn die Niederlande und Nordrhein-Westfalen verbindet traditionell eine intensive Handelsbeziehung, eine tiefe Partnerschaft und laut NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst  zudem „eine enge Freundschaft“. Mit fast 400 Kilometern gemeinsamer Grenze, 55 Städtepartnerschaften, und allem voran einem Handelsvolumen von 60 Mrd. Euro im vergangenen Jahr, das die Niederlande für NRW zum wichtigsten Handelspartner macht.

Wir erleben eine doppelte Zeitenwende in Europa. Umso wichtiger ist es, dass wir innerhalb Europas als verlässliche Partner fest zusammenstehen.

NRW-Ministerpräsident Hendrick Wüst

 

Die Regierungskonsultationen sollen die Zusammenarbeit und Kontakte beider Länder auf höchster politischer Ebene vertiefen und wurden unter dem ehemaligen Premier und heutigen NATO-Chef Mark Rutte und dem damaligen NRW-Ministerpräsident Armin Laschet 2018 initiiert.  Vieles läuft gut in der Zusammenarbeit – aber einiges geht noch besser. Und so konnte im Vorfeld der dritten Regierungskonsultationen auch die Deutsch-Niederländische Handelskammer einige Themen identifizieren, bei denen Handlungsbedarf besteht. 

Die wichtigsten Vereinbarungen

Der Fokus der bilateralen Gespräche lag auf den Themen Energiezusammenarbeit, Wettbewerbsfähigkeit und Industriepolitik, aber auch in Fragen der Sicherheit und Migration, der grenzüberschreitenden Infrastruktur sowie der Zusammenarbeit in der gemeinsamen Grenzregion. Darüber hinaus wurde auch über eine mögliche Zusammenarbeit im Bereich der Künstlichen Intelligenz und den Fortschritt bei der Bewerbung um das Einstein-Teleskop gesprochen. „Die Zeiten, in denen wir leben, sind geprägt von großen Umbrüchen und zunehmenden internationalen Spannungen, wir erleben eine doppelte Zeitenwende in Europa. Umso wichtiger ist es, dass wir innerhalb Europas als verlässliche Partner fest zusammenstehen. Gemeinsam wollen wir unsere Wettbewerbsfähigkeit in Europa stärken und die Herausforderungen der Transformation unserer Industrien angehen“, sagte Ministerpräsident Hendrik Wüst auf der Pressekonferenz. Beide Regierungen unterzeichneten eine gemeinsame Erklärung. Die acht relevantesten Take-outs für die Unternehmen beider Länder hier zusammengefasst: 

1. Transformation der Industrie

Handel und Zusammenarbeit zwischen den Niederlanden und Nordrhein-Westfalen kommen dem Wohlstand beider Länder zu Gute und sind ein dynamischer Motor für Wachstum und Innovation, das betonen beide Regierungen. Sie wollen sich für grenzüberschreitende Investitionen in den Bereichen Schienenverkehr, Infrastruktur, Energieversorgung und Innovation einsetzen und eng bei der Umsetzung der Energie- und Wärmewende zusammenarbeiten. Eine wettbewerbsfähige, klimaneutrale und sichere Energieversorgung ist ihr Ziel. Beide Regierungen legten in der Abschlusserklärung fest, dass  

  • Planungs- und Genehmigungsverfahren zur Umsetzung der Energie- und Wärmewende schnell, schlank und unbürokratisch durchgeführt werden sollen
  • der Bedarf der Industrie an grünem Wasserstoff und nachhaltigen Lösungen für das CO2-Management gedeckt werden soll
  •  die Kreislaufwirtschaft gestärkt werden soll, um die nationalen und europäischen Klimaschutzziele zu erreichen und die industrielle Produktion aufrechtzuerhalten
  • die Versorgungssicherheit mit kritischen Rohstoffen zur Verringerung strategischer Abhängigkeiten erhöht werden soll
  • und die Wettbewerbsposition und Nachhaltigkeit eines der größten Chemieclusters der Welt gefördert werden soll.

2. Einstein-Teleskop und KI-Gigafabriken

Beide Regierungen sind fest davon überzeugt, dass die Ansiedlung des Einstein-Teleskops eine einmalige Chance für alle beteiligten Länder ist, Spitzenforschung und Innovation von internationaler Strahlkraft im Herzen Europas zu realisieren. Darum bekräftigten sie, mit Nachdruck dieses strategisch wichtige Forschungsinfrastrukturprojekt in der Grenzregion Niederlande – Belgien – Deutschland zu realisieren. 

 

Die Niederlande und Nordrhein-Westfalen begrüßen auch die Initiative der Europäischen Kommission zur Einrichtung von KI-Gigafabriken und kündigten an, eine Zusammenarbeit bei der KI-Gigafabrik-Initiative zu prüfen.

3. Grenzkontrollen

Beide Regierungen wollen „ein gut funktionierendes Schengensystem aufrechterhalten“, betonen aber zugleich, dass die EU-Außengrenzen besser geschützt werden müssen. Vorläufig bleiben darum die Grenzkontrollen erhalten – aber mit einem abgestimmten Agieren beider Länder.

4. Der Delta-Rhein-Korridor (DRC)

Den DRC  wollen sich beide Regierungen gegenseitig unterstützen und dafür sorgen, dass das Projekt frühzeitig umgesetzt wird.

 

Nordrhein-Westfalen kündigte zudem an, die niederländischen Partner bei der Vernetzung mit Industriekunden und Logistikdienstleistern in Nordrhein-Westfalen zu unterstützen, um Transportketten für einzelne Energieträger zu spezifizieren, damit die Verfügbarkeit von Wasserstoff und seinen Derivaten bis 2030 und darüber hinaus erreicht wird.

 

Auch wurde vereinbart, die Zusammenarbeit beim CO2-Transport und der CO2-Speicherung zu intensivieren, auch im Hinblick auf die angekündigten EU-Rechtsvorschriften zum CO2-Transport.

5. Chemieindustrie

Zudem soll die Wettbewerbsposition und Nachhaltigkeit eines der größten Chemiecluster der Welt durch die trilaterale Chemiestrategie der Niederlande, Nordrhein-Westfalen und Flandern gefördert werden. Gemeinsam wollen die Länder an einer Untersuchung zu alternativen Rohstoffen, zukunftsfähigen Geschäftsmodellen und der Optimierung der Infrastruktur arbeiten und Innovationsprojekte in den Bereichen Kreislaufwirtschaft, CO₂-Nutzung und Biochemie vorantreiben. 

6. Besteuerung Grenzpendler

Die bilateralen Abkommen, die während der Pandemie Grenzpendlern das Arbeiten aus dem Home Office ohne Nachteile bei Sozialversicherungsbeiträgen und Besteuerung ermöglichten, sind ausgelaufen. Deshalb sind sowohl Pendler als auch Arbeitgeber derzeit mit hohem bürokratischem Aufwand und steuerlichen Nachteilen konfrontiert. Es wird erwartet, dass das Änderungsprotokoll, das das Steuerabkommen ändern wird, in Kürze unterzeichnet wird, heißt es in der Erklärung. „Diese Vereinbarungen können als ein erster Schritt in die richtige Richtung gesehen werden“, heißt es, „die Niederlande und Nordrhein-Westfalen stimmen das gegenseitige Vorgehen ab, um negativen Grenzeffekten vorzubeugen.“

7. Landwirtschaftspolitik

Die Niederlande und Nordrhein-Westfalen sind beide landwirtschaftlich geprägt. Um die Wettbewerbsfähigkeit des Sektors zu erhöhen und den Herausforderungen des Klimawandels und der globalen Krisen zu begegnen, haben das niederländische Ministerium für Landwirtschaft, Fischerei, Ernährungssicherheit und Natur und das nordrhein-westfälische Ministerium für Landwirtschaft und Verbraucherschutz gemeinsam mit den niederländischen Provinzen Gelderland, Limburg, Noord-Brabant und Overijssel eine gemeinsame Erklärung unterzeichnet, in der sie eine Zusammenarbeit im Bereich Landwirtschaft, Forsten, Tiergesundheit und Lebensmittelqualität vereinbaren. So möchten beide Länder etwa im Bereich Landwirtschaft den Erfahrungs- und Informationsaustausch über Innovationen und Agrarpolitik stärken.

8. Verteidigungsindustrie und Sicherheit

Die Konsultationen fanden vor dem Hintergrund zunehmender geopolitischer Spannungen und des anhaltenden völkerrechtswidrigen Angriffskrieges Russlands gegen die Ukraine statt. Neben dem Bekenntnis zur Solidarität mit der Ukraine äußerten sowohl Schoof als auch Wüst die Notwendigkeit, die europäische Verteidigungsindustrie zu stärken und die Zusammenarbeit zwischen den EU- und den NATO-Partnern weiter auszubauen.

In dieser neuen Zeit für Europa fühlt es sich vertraut an, hier zu sein und gemeinsam mit unserem guten Nachbarn an all den Themen zu arbeiten, für die wir stehen: Sicherheit, eine robuste Wirtschaft und die Migration in den Griff bekommen. Zusammenarbeit ist das Schlüsselwort. Und so sollte es sein, unter guten Nachbarn

Ministerpräsident Dick Schoof

 

Die Akteure

Von niederländischer Seite nahmen neben Ministerpräsident Schoof Innenministerin Judith Uitermark, Arbeitsminister Eddy van Hijum, Wirtschaftsminister Dirk Beljaarts, Klima- und Transformationsministerin Sophie Hermans und der Staatssekretär für Infrastruktur und Wasserwirtschaft Chris Jansen an den Regierungskonsultationen teil.

Von der nordrhein-westfälischen Landesregierung waren neben Ministerpräsident Wüst  Wirtschaftsministerin Mona Neubaur, Minister und Chef der Staatskanzlei Nathanael Liminski, Innenminister Herbert Reul, Heimat- und Bauministerin Ina Scharrenbach, Arbeits- und Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann, Umwelt- und Verkehrsminister Oliver Krischer und Wissenschaftsministerin Ina Brandes an den bilateralen Gesprächen beteiligt. Zu einer gemeinsamen Arbeitssitzung kamen auch die anderen Mitglieder des Kabinetts hinzu.

 

 

Text: Janine Damm

Fotos: Land NRW / Ralph Sondermann

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