In ihrer Heimat, auf der Schwäbischen Alb,– zeigt Lovjoi, wie Zirkularität neben recyclebaren Materialien auch die Weitergabe von Fachwissen und Traditionen umfasst. Der Großteil der Produktion erfolgt in der firmeneigenen Nähwerkstatt in Dürmentingen, wo fünfzehn Mitarbeiter angestellt sind – und sichert damit das Fortleben einer langen Tradition, denn der Standort ist eine historische Textilregion. Zirkularität bedeutet für das Label auch, dass fachliches Know-how gepflegt wird. Lovjoi beschäftigt hauptsächlich syrische Geflüchtete, die in ihrer Heimat als Schneider tätig waren. Jeder Mitarbeiter kann die Kleidungsstücke vom Zuschnitt bis zum fertigen Produkt nähen. Die Kollektion umfasst modebewusste Oberbekleidung und Wäsche aus Materialien wie Tencel, Ecovero, Biobaumwolle und recycelter Spitze. Und erfreut sich auch weit über die Landesgrenzen hinaus großer Beliebtheit – auch in den Niederlanden. „Für niederländische Kunden soll es nachhaltig sein, aber gleichzeitig auch modisch und modern aussehen“, sagt Gründerin und Geschäftsführerin Verena Benz. In den Niederlanden hat Lovjoi seine Online-Präsenz stark ausgebaut. „Der niederländische Kunde ist aufgeklärt und stilsicher“, erklärt Benz diesen Erfolg. „Niederländer interessieren sich für Nachhaltigkeit, sind vergleichsweise offen für Innovationen und haben hohe Ansprüche an das Gesamtprodukt.“ Die Kleidung wird sowohl über den eigenen Online-Shop als auch über nachhaltige Läden und große Anbieter wie Zalando verkauft. Zusätzlich plant Benz, den stationären Handel in den Niederlanden zu erweitern.
Digitale Gründung einer BV: Was sind die Vorteile? Eine BV auf Distanz gründen, war bislang auch möglich, indem eine schriftliche Vollmacht erteilt wurde. Da Notare jedoch verpflichtet sind, Gründer zu identifizieren, muss ein Gründer den Notar persönlich aufsuchen oder dem Notar einen von einem anderen Notar beglaubigten Ausweis vorlegen. Es ist also zumindest ein physischer Besuch bei einem Notar erforderlich. Der neue Gesetzentwurf ermöglicht es, die Online-Beurkundung einer BV vollständig über eine sichere Videokonferenz durchzuführen. Die zentrale Plattform, die die niederländische Notarkammer (KNB) zu diesem Zweck hat bauen lassen, ist bereits fertig. Im Rahmen des Online-Gründungsverfahrens ist ein Gründer nicht mehr verpflichtet, physisch einen Notar aufzusuchen. Stattdessen kann die Identifizierung des Gründers durch ein elektronisches Identifizierungsmittel erfolgen. Die zentrale Plattform wird dabei nur Identifizierungsmittel der höchsten Sicherheitsstufe akzeptieren. Mittels einer elektronischen Signatur kann die Urkunde digital unterzeichnet werden. Auch die Erstellung von praxistauglichen Musterurkunden soll der einfachen und schnellen Gründung dienen. Der Vorstand der niederländischen Notarkammer hat zu diesem Zweck eine Musterurkunde für die Gründung einer BV erstellt. Diese Musterurkunde kann, muss aber nicht für die Gründung einer BV im Online-Verfahren verwendet werden. Insbesondere bei komplexeren Gründungen werden maßgeschneiderte Urkunden nach wie vor erforderlich sein. Neue Vereinfachungen bei digitaler Gründung einer BV Ein weiteres Instrument zur Vereinfachung des Gründungsprozesses ist die im Gesetzentwurf aufgenommene Bestimmung bezüglich der Sprache, in der die Gründungsurkunde erstellt werden kann. Nach geltendem Recht muss die Gründungsurkunde einer BV in niederländischer Sprache erstellt werden. Aufgrund des Gesetzentwurfs kann die Gründungsurkunde einer BV die online gegründet werden soll, auch in englischer Sprache abgefasst werden. Insbesondere für ausländische Gründer, die die niederländische Sprache nicht beherrschen, erleichtert das den Gründungsprozess. Die Gesetzesänderungen werden voraussichtlich zum 1. Juli 2023 in Kraft treten. DNHK, Sonja van Sloten | Beratung Unternehmensgründung
Klima: Große Investitionen in eine grüne Zukunft Wie im Koalitionsvertrag der neu gewählten deutschen Regierung steht der Klimawandel als eine der wichtigsten Herausforderungen unserer Zeit ganz oben auf der Tagesordnung. Die künftige Klimapolitik wird in erster Linie als Chance gesehen, eine starke Wirtschaft aufzubauen und neue Arbeitsplätze zu schaffen. Die Niederlande wollen beispielsweise bis 2050 klimaneutral sein und bis 2030 mindestens 55 % weniger CO2 produzieren. Digitaler Wandel: Eine unvorhersehbare Zukunft bietet Chancen Anders als in Deutschland gibt es in den Niederlanden beim digitalen Wandel keinen Nachholbedarf. Nichtsdestotrotz spielt die Digitalisierung eine zentrale Rolle im Koalitionsvertrag. Das Dokument spricht gar von einer digitalen Revolution, die Chancen für einen starken digitalen europäischen Markt, eine exzellente digitale Infrastruktur und eine enge Zusammenarbeit bei technologischen Innovationen bietet. In den kommenden Jahren wollen die Niederlande "die digitale Drehscheibe Europas" werden und "die Führung in Europa" im Bereich der Digitalisierung übernehmen. Unternehmen und Unternehmer als Grundlage für wirtschaftlichen Wohlstand Im Koalitionsvertrag wird betont, dass die niederländische Wirtschaft von ihren Unternehmen lebt und dass Existenzgründer, KMU und Freiberufler der Motor des wirtschaftlichen Wohlstands in den Niederlanden sind. Aus diesem Grund muss das Unternehmertum in den Niederlanden auch in Zukunft gefördert werden, und zwar durch die Verbesserung der Erwerbsmöglichkeiten in einem guten Wirtschaftsklima. Auch in diesem Bereich gibt es große Ähnlichkeiten zu dem deutschen Koalitionsvertrag. Gleiches gilt für die Innovationspolitik, einschließlich der Fortführung der Top-Sektoren-Politik und der weiteren Intensivierung des Wachstumsfonds, mit dem die neue niederländische Regierung die wissensbasierte Wirtschaft stärken will. Internationale Zusammenarbeit Obwohl es durchaus unterschiedliche Vorstellungen über die künftige Gestaltung der europäischen Zusammenarbeit gibt, betont auch das neue niederländische Kabinett die Bedeutung einer stärkeren internationalen Zusammenarbeit und sieht sich selbst in einer Vorreiterrolle. Da sich die Pläne der neuen deutschen und der niederländischen Regierung in vielen Bereichen stark ähneln, gibt es viele Möglichkeiten, zusammenzuarbeiten und die gegenseitigen Beziehungen weiter zu stärken, sowohl auf bilateraler als auch auf europäischer und globaler Ebene. Text: Dr. Mariska van der Giessen
Die Bevölkerung wird älter und es mangelt an Fachkräften. Das kennen wir auch in Deutschland. Dass die Gesundheitskosten explodieren ebenso. Was unsere Länder unterscheidet? Die Niederlande investieren seit Jahren gezielt in die Digitalisierung von Medizin und Pflege. Seit Covid-19 erst recht. Wie deutsche Unternehmen davon profitieren können, weiß Kai Feldmann, E-Health-Expertin der Deutsch-Niederländischen Handelskammer (DNHK). Die Niederlande sind europäische Spitze in Sachen E-Health – was ist ihr Erfolgsgeheimnis? Anders als wir Deutschen sind die meisten Niederländer sehr technikaffin und neugierig auf Innovationen. Deshalb sind E-Health Anwendungen bei unseren Nachbarn breit akzeptiert. Es ist schon seit Jahren Standard, Medikamente digital zu verschreiben. Auch Gesundheitsdaten werden ganz selbstverständlich elektronisch gespeichert. Und die meisten Niederländer kommunizieren mit ihrer Krankenkasse vor allem per App, wo sie beispielsweise auch Rechnungen digital einreichen können. Alles Trends, die die Kosten im Gesundheitswesen senken und die Qualität der Versorgung steigern sollen – und die vom niederländischen Staat gezielt stimuliert werden. Wie genau? Im Prinzip gibt es zwei Stellen, wo die Niederländer den Hebel ansetzen: zum einen bei der Patientenversorgung in Krankenhäusern und Pflegeinrichtungen, zum anderen in der häuslichen Pflege. Bei den großen Einrichtungen will die Regierung zum Beispiel den Einsatz von Telemedizin fördern. 2020 hat sie dafür fast 80 Millionen Euro freigegeben und will das Programm in den kommenden Jahren noch verlängern. Bei der häuslichen Pflege sollen kleinere Projekte speziell für ältere und chronisch kranke Menschen gefördert werden. Dieses und kommendes Jahr werden dafür jeweils 30 Millionen Euro investiert. In welchen Bereichen haben die Niederlande denn noch Nachholbedarf? Zum Beispiel bei der Telemedizin und bei der Automatisierung. Laut einer aktuellen Studie von Deloitte nutzt etwa nur jedes zehnte niederländische Krankenhaus Spracherkennungs-Tools – in Deutschland ist es bereits jedes vierte. Auch Hilfsmittel wie Robotik, Virtual Reality und Künstliche Intelligenz werden in den Niederlanden noch deutlich weniger eingesetzt als in Deutschland. Die niederländische Regierung sucht deshalb aktiv nach innovativen Lösungen aus dem Ausland. Hier bieten sich sehr gute Absatzmöglichkeiten für deutsche Unternehmen. Wo liegen die Chancen für deutsche Anbieter konkret? Niederländische Gesundheitsprofis sind vor kurzem nach den größten Hindernissen für die Digitalisierung befragt worden. Auf Platz eins landete nicht etwa die Bürokratie wie in Deutschland, sondern die Herausforderung, die richtigen Technologien zu finden. Niederländische Krankenhäuser stehen nämlich im direkten Wettbewerb mit zahlreichen Privatkliniken. Sie sehen Patienten als Kunden, die sie mit modernsten Produkten und erstklassigen Dienstleistungen gewinnen und halten wollen. Deshalb sind sie bereit zu investieren und können das, anders als in Deutschland, auch ohne öffentliche Ausschreibung direkt beim Lieferanten tun. Deutsche Produkte sind dabei besonders beliebt: Sie gelten als technologisch erstklassig, zuverlässig und liegen preislich deutlich unter dem Kurs, den einheimische Lieferanten aufrufen. Wie können deutsche Unternehmer ihre Chancen nutzen? Nun, Menschen kaufen am liebsten bei Menschen, die sie kennen. Diese Vertriebsweisheit gilt auch in unserer digitalen Zeit und für die Niederlande erst recht. Hier wird der persönliche Kontakt, das daraus entstehende Vertrauen zueinander sehr groß geschrieben. Als Außenhandelskammer unterhalten wir natürlich enge Beziehungen zu niederländischen Organisationen und Unternehmen der Branche und bringen deutsche Unternehmen gerne in Kontakt.
Dies geht aus dem jährlichen Digital Economy and Society Index (DESI) der Europäischen Kommission hervor, der den digitalen Fortschritt in den EU-Staaten regelmäßig untersucht. Bewertet werden dabei die Qualität der digitalen Infrastruktur, die Nutzung digitaler Anwendungen durch die Bürger sowie deren Online-Kompetenz. Zudem fließen Art und Weise sowie das Maß, mit der die Wirtschaft digital aktiv ist, in das Ranking ein. Beleuchtet wurden außerdem die von der Regierung angebotenen Online-Dienste. In den Jahren 2017 und 2018 belegten die Niederlande in der Gesamtrangliste der digitalen Wirtschaft noch den vierten Platz hinter Dänemark. Inzwischen hat das Königreich aufgeholt und liegt nun knapp hinter Finnland und Schweden auf dem dritten Platz. Deutschland rangiert nur im Mittelfeld Deutschland kommt hingegen nur auf den zwölften Platz. Mit Blick auf das E-Governement, also die digitalen Behördengänge, rangiert Deutschland mittlerweile nur noch auf Platz 26 von 28. Auch beim Breitbandausbau hakt es dem Bericht zufolge weiterhin in der Bundesrepublik. Wenn es um die Verfügbarkeit von festen Breitbandnetzen als auch von Mobilfunknetzen (4G) für Internet, Fernsehen und Telefonie geht, sind die Niederlande erneut die europäische Nummer eins. Laut der Studie haben fast 100 Prozent der Haushalte Zugang zum festen Internet. Das schnelle Breitband-Internet (mehr als 100 Megabit pro Sekunde) ist bereits für 97 Prozent der niederländischen Haushalte verfügbar. Die Spitzenplatz beim Internetausbau Niederlande sind auch im Bereich des mobilen Internets führend. Laut DESI sorgen die vier verfügbaren Netze zusammen dafür, dass 4G in bewohnten Gebieten überall außerhalb des Hauses verfügbar ist. Was die Integration von digitaler Technologie in die Wirtschaft betrifft, so liegen die Niederlande an zweiter Stelle unter den EU-Ländern. 39 Prozent der Unternehmen nutzen Social Media und 22 Prozent Big Data. Nachholbedarf bei Online-Dienstleistungen Mit Blick auf Online-Dienstleistungen und -Produkte zählt die niederländische Geschäftswelt allerdings noch nicht zur Spitze. Die Zahl der niederländischen KMU, die online verkaufen, und die Zahl derjenigen, die dies grenzüberschreitend tun, ist nach wie vor relativ gering. Im vergangenen Jahr lagen sowohl der Online-Verkauf als auch der daraus erzielte Umsatz im KMU-Sektor weiterhin unter dem EU-Durchschnitt. 17 Prozent der mehr als eine Million KMU bieten Produkte und Dienstleistungen über das Internet an, was 10 Prozent ihres Umsatzes ausmacht. Damit liegen die Niederlande in der EU auf dem 15. Platz. Quelle: DESI