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Energie

Deutsche Straßen recyclet in Rotterdam

04.01.2023

Wo werden deutsche teerhaltige Straßenreste eigentlich entsorgt? Und gibt es hier überhaupt nachhaltige Lösungen, die die wertvollen Rohstoffe recyclen? Der erste Weg führt in das Logistikherz der Niederlande – Rotterdam. Hier landen unzählige Schiffsladungen mit Straßenresten. Auf Bergen von Entsorgungsmaterialien finden wir Antworten.

Teerhaltige Straßenreste müssen auf deutschen Baustellen separiert und gefräst werden. Es bleiben zwei Möglichkeiten: Recycling oder Deponie. Straßenteer ist krebserregend, die Einlagerung auf Halde verschiebt also ein bestehendes Problem­. Wo also gelingt die Aufspaltung der Altstraßen? Unzählige Schiffladungen mit Tonnen deutscher Straßenreste führen uns nach Rotterdam. Nur hier stehen Europas einzige Anlagen, die toxische, organische Anteile des teerhaltigen Straßenaufbruchs durch thermische Behandlung vollständig vernichten und wertvolle Rohstoffe revitalisieren.

Recycling im Rotterdammer Hafen

Das niederländische Familienunternehmen Recycling Kombinatie REKO B.V., betreibt seit 2006 Anlagen, die den wertvollen Straßenschutt aufspalten. Der Betrieb sitzt mit 33 Hektar strategisch günstig inmitten des Rotterdamer Hafens, die Logistik per Schiff erlaubt einfache Anlieferung. Der Schutt wird in Brecheranlagen, die zu den größten in Europa zählen, zermahlen und anschließend im Drehrohr recycelt. Als Ergebnis bleiben Sand, Splitt, Füllstoffe und wertvolle Nebenprodukte wie Gips.

Stromerzeugung durch Recycling

Während des Verbrennungsprozesses von Teer entsteht in den zwei thermischen Aufbereitungsanlagen Dampf und Wärmeenergie, die für die Stromerzeugung überführt werden. Für das Jahr 2026 ist zudem die Fernwärmekoppelung an das Netz geplant, sodass die Wärme ohne Umwandlungsverluste eingespeist werden kann. REKO ist also nicht nur Recylingunternehmen, sondern ein kleines Kraftwerk an sich. Mit 200.000 Megawattstunden pro Jahr können so zum Beispiel 70.000 Haushalte versorgt werden.

1,8 Tonnen

REKO gelingt es pro Jahr 1,8 Tonnen teerhaltige Straßenreste aufzubereiten. Nach Aussage des Unternehmens „ist es möglich, den Kreislauf mineralischer Rohstoffe zu 100% zu schließen“. Die gewonnenen Rohstoffe finden Ihren Weg in den Kreislauf, aber diesmal mit dem Bau von niederländischen Straßen. Dies ist strategisch wichtig für den niederländischen Markt, denn die Beschaffung von Primärrohstoffen ist klar importgetrieben. Der Druck auf der Beschaffungsseite sinkt.

Lösungen durch Verbote

Doch warum wandert alles nach Rotterdam? Seit 2001 herrscht in den Niederlanden das Verbot, Teerreste auf Deponien einzulagern. Der Markt schuf Lösungen. REKO nutzte die distruptive Energie der Marktverschiebung und erschloss so ein profitables Geschäftsmodell. In Deutschland fehlt ein Verbot als mögliche distruptive Kraft. Lange Genehmigungsverfahren auf deutscher Seite verhinderten bisweilen den Bau einer solchen Recyclinganlage. Bei den Nachbarn in den Niederlanden dauerten solche Genehmigungsverfahren um die zwei Jahre.

Deutscher Seite

Aus Sicht einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft ist der Bau einer Recyclinganlage für Teerreste unumgänglich. Schon jetzt importiert Deutschland in nord- und ostdeutschen Regionen Rohstoffe für den Straßenbau. Lange Entsorgungswege lassen die Kosten ansteigen. Der Druck auf Entsorgungs- und Rohstoffbeschaffungsseite wird in Zukunft weiter steigen. Die Politik und die Wirtschaft auf deutscher Seite sind gefragt eine schnelle Lösung zu finden.

Text: Martin Papior
Foto: Adobe Stock

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