Innovation
DNHK-Netzwerk

"Wir haben alle Zutaten, um die gesamte industrielle Kette abzudecken"

02.08.2023

Vor allem den eigenen Weg gehen, sich trauen, neue Wege zu gehen und das, worin andere besser sind, ihnen zu überlassen: Dieses Lebensmotto hat Katja Pahnke in der Welt von Hightech, Robotik, additiver Fertigung und Automotive weit gebracht. Mit ihrer 20-jährigen Erfahrung bei Brainport Eindhoven und mit ihrem deutschen Hintergrund ist sie seit Juni 2022 eine wertvolle Ergänzung im Vorstand der Deutsch-Niederländischen Handelskammer.

Sie verfügen über umfangreiche Erfahrungen im Technologiesektor und im Personalwesen. Sehen Sie Herausforderungen bei der Gewinnung und Bindung von Mitarbeitern?

Mit der Anwerbung neuer Mitarbeiter hat Brainport dank des guten Rufs in der Region noch kein Problem. Viele Studenten von Fontys und von der TU Eindhoven arbeiten neben ihrem Studium bei hier und bleiben dann auch - das Durchschnittsalter liegt bei 28 Jahren. Aber um Menschen zu binden und zu halten, braucht es mehr. Deshalb ist das Fördern von Führungskräften und Talenten so wichtig, auch um für Mitarbeiter auf dem Senior-Niveau attraktiv zu sein und zu bleiben. Das Schöne an der Brainport-Region ist, dass man hier die gesamte Kette von der Entwicklung über die Industrialisierung bis hin zur Herstellung komplexer Produkte findet. Und es gibt eine enge Zusammenarbeit zwischen Unternehmen, Bildungs- und Forschungseinrichtungen und Regierung, die so genannte Dreifach-Helix. Das schafft ein äußerst fruchtbares Innovationsklima. Außerdem ist der kleine Rahmen sehr angenehm: Es ist recht einfach, andere Manager zu treffen. Zudem haben wir hier die Brabanter „Man-kennt-sich“-Kultur, aber mit vielen Wissensarbeitern - und den meisten Patenten pro Einwohner. Das macht die Brainport-Region einzigartig und zu einem attraktiven Ort für Talente.

Außerdem befinden Sie sich in der Nähe von Deutschland. Wie verläuft die Zusammenarbeit vom Brainport aus?

Es tut sich viel, aber natürlich kann immer noch mehr getan werden. Das ist einer der Gründe, warum ich jetzt im Vorstand der DNHK bin - ein enorm wertvolles Netzwerk. Ich glaube an das Bündeln von Kräften, um so gemeinsam vorankommen. Deutschland und die Niederlande haben sehr intensive Handelsbeziehungen, die Kulturen passen gut zusammen. Der Fokus auf langfristige Verpflichtungen der deutschen Unternehmen und der Unternehmergeist der Niederländer führen zu starken und erfolgreichen Beziehungen.

Was macht den Erfolg einer guten Zusammenarbeit aus?

Die DNA zwischen den Partnern muss stimmen. Das ist die Grundlage für eine enge, vertrauensvolle Zusammenarbeit. Oft geht es nicht nur um die besten technischen Lösungen, sondern auch um den besten Klick und den besten Match zwischen beiden Kulturen. Als Personalverantwortliche schaue ich zum Beispiel nicht so sehr auf die Stellenbeschreibung, sondern auf eine Person, die sich im Team optimal einbringt und 'Licht ins Dunkel' bringt. Die Stärke liegt darin, dass jemand neugierig ist, gemeinsam lernen und sich weiterentwickeln will. So wächst man selbst, als Team und als Unternehmen, und man kann sich weiter vergrößern.

Können Sie ein Beispiel für eine deutsch-niederländische Zusammenarbeit im Bereich Innovation nennen?

Ja, aus meiner früheren Position als CEO eines Joint Ventures zwischen dem deutschen TÜV Rheinland und der niederländischen TNO im Bereich der passiven Sicherheitsprüfung im Automobilsektor: TNO brachte viel Innovationskraft, kluge Köpfe und eine beeindruckende Erfolgsbilanz in Sachen Innovation ein. Außerdem arbeiten sie auf „niederländischer Art“: flexibel und beweglich. Sie beginnen mit Fachwissen, passen sich aber schrittweise an, wenn ein Richtungswechsel erforderlich ist. Der TÜV Rheinland wiederum ist stark geschäftsorientiert, verfügt über ein großes Kundenportfolio und umfangreiche Zertifizierungserfahrung. Wenn man beide Parteien kombiniert, erhält man eine großartige und erfolgreiche Zusammenarbeit. Sie haben sich gegenseitig ergänzt und konnten so ein interessanteres Portfolio aufbauen. Jetzt gehört das  Unternehmen zu Siemens. Gemeinsam können wir viel mehr erreichen und sind in einer starken Position.

Ist das der Grund für den Schritt in den DNHK-Vorstand?

Mich hat vor allem gereizt, die Brainport-Region im DNHK-Vorstand zu vertreten. Dieser Vorstand besteht aus einer guten Mischung, zum einen von Direktoren aus der Randstad, Brainport und anderen niederländischen Regionen, zum andern aus führenden deutschen Unternehmen. Und ich finde es auch wichtig, der Gesellschaft etwas zurückzugeben. Mit meinen deutschen Wurzeln und Erfahrungen sehe ich mich in der Deutsch-Niederländischen Handelskammer am richtigen Platz, um die Verbindung zwischen Deutschland und den Niederlanden noch stärker zu machen und als Aushängeschild zu fungieren. Außerdem bin ich eine Netzwerkerin und sehe dieses Gremium auch als eine große Bereicherung meines Netzwerks. Ich bringe etwas - und ich bekomme etwas.

Eine deutsche Frau in einer hohen Führungsposition bei einem niederländischen Industrieunternehmen ist nicht selbstverständlich. Sehen Sie sich als Vorbild?

Ich habe meine Vorbildfunktion lange Zeit unterschätzt und merke, dass andere mich auch so sehen. Die Freiheit, Entscheidungen zu treffen, war für mich immer unglaublich wichtig. Das erfordert Mut. Folge deiner Passion und sorge dafür, dass du deinem Kurs treu bleibst - vor allem meine Mutter und Großmutter haben mich dazu inspiriert. Ich wage mich regelmäßig aus meiner Komfortzone heraus und stelle mich gerne dem Unbekannten – denn ich bin die Einzige, die herausfinden kann, ob ich etwas kann. Und ich habe einen enormen Drang etwas zu lernen und es zu tun. Ich denke, das ist auch der Grund, warum ich nie eine gläserne Decke erlebt habe.

Im Jahr 2022 wurden Sie vom Frits Magazine zur einflussreichsten Frau der Region gewählt. Was bedeutet das für Sie?

Das war eine große Überraschung und geschah, als ich gerade bei Prodrive anfing. Unglaublich schön und etwas, worauf man stolz sein kann - auch wenn ich jetzt etwas weniger unter dem Radar arbeiten kann. Ich sehe es als Anerkennung und als Krönung. Der Start bei Prodrive fühlte sich sowieso schon sehr gut an, und mit dieser Auszeichnung stecke ich voller Energie, um die kommenden Herausforderungen in diesem interessanten und tollen Unternehmen anzunehmen.

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